Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Nicht nur in der Bibel, sondern auch im Leben. In sieben Jahren wachsen Kinder aus der Babyschale bis in die zweite Klasse, sieben Jahre hinterlassen überall Spuren. An Menschen wie an Autos. Welches Urvertrauen muss Kia haben, wenn die Koreaner auf den Motor ihres cee'd sieben Jahre Garantie geben? Dieses große Versprechen weckte unsere Skepsis, als der cee'd 1.6 CRDi EX zum AUTO BILD-Marathon antrat. Spult der Kompakte 100.000 Kilometer wirklich so glatt ab? Kias Bestseller kam in einer unscheinbaren Edel-Version: mit Alurädern, Klimaautomatik und Tempomat. Dazu ein moderner 1,6-Liter-Diesel, wie ihn VW erst jetzt anbieten kann.

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Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Das Cockpit macht auch nach 100.000 Kilometern qualitativ noch einen guten Eindruck. Bedienung: klare Sache.
Zusammen mit dem Sitz- und Sicht-Paket (unter anderem Parksensoren, Regensensor und Sitzheizung für 1200 Euro) sowie Navi-System kostete der Testwagen 23.350 Euro – die Zeiten, in denen Koreaner als Schäppchen galten, sind längst vorbei. In Größe und Modellangebot (es gibt auch Dreitürer und Kombi) zielt der cee'd genau auf den Golf. Im Design nicht gerade ein Hingucker, andererseits vermeidet er im dunklen Fjordblaumetallic jede optische Peinlichkeit. Sagen wir es mal so: Der Kompakt-Kia sieht nicht aus, als reiche es nicht zum VW. Im Alltag beginnt er dann schnell, die Sympathien seiner Fahrer zu gewinnen. Zunächst mit reichlich Platz. Nur wenige Kompakte bieten so viel Luft auf der Rückbank. Dass der Kofferraum mit 340 bis maximal 1300 Liter eine Spur kleiner ausfällt als im Golf, kann die Reisequalität kaum schmälern.

Am cee'd klappert oder knirscht nichts

Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Das Fahrwerk ist gut abgestimmt. Auf schlechten Wegstrecken zeigt der cee'd Nehmerqualitäten.
"Echt klasse, die vielen Ablagen bis hin zu den Extrafächern im Kofferraum", notiert Redakteur Stephan Puls nach 3000 Kilometern. Sein Fazit: "Überraschend langstreckentauglich." Die Bedienung dieses Kia stresst niemanden, denn das meiste erklärt sich von selbst. Einsteigen, Sitz einstellen, losfahren. Die Nachtbeleuchtung der Anzeigen in durchgängig einheitlicher Farbe wirkt auf langen Etappen beruhigend. Die Materialien, die Kia im Interieur verwendet, finden einige lieblos, doch an der Qualität gibt es keine Zweifel. Da klappert oder quietscht nichts. So stören eher Kleinigkeiten. Etwa die vorderen Dachpfosten und die breite C-Säule, die beim Einparken die Sicht behindert. Oder die schlaffen Arretierungen, die Türen gern wieder zufallen lassen. Die Sitzflächen vorn sind für große Insassen zu kurz, andere wünschen sich komfortablere Polster. Immerhin: Die Stoff-Leder-Bezüge weisen nur an der Lehnennaht leichte Abnutzung auf.

Durchschnittsverbrauch 6,8 Liter

Mit der Zeit spaltete der Kia die Redaktion. Sportliche Geister monierten das "eckige Lenkgefühl" oder die in den unteren Gängen kratzige Schaltung. Doch der Applaus überwog: "Ich habe mich gefragt, wann ich den Haken an diesem Wagen finde", schrieb Mitarbeiter Mario Pukšec ins Fahrtenbuch. Der kleine Diesel lädt zum Kilometerfressen geradezu ein, schnurrt auf der Langstrecke kultiviert und kann obenheraus lebendig zulegen. "Auch jenseits von 160 km/h beschleunigt der cee'd so gut, dass man sich fürs Befahren der linken Spur nicht entschuldigen muss", so Pukšec. Das Fahrwerk fand einen schönen Mittelweg zwischen sanft und straff, jedenfalls "bleiben auch bei Top-Speed die Handflächen trocken". Der sechste Gang, den Kias größerer Zweiliter-Diesel und auch VW an Bord haben, vermissten wir erst an der Tanksäule. Im Schnitt schluckte der CRDi immerhin 6,8 Liter. Allerdings waren auch gut fünf Liter möglich.

Erster Werkstattstopp nach 77.391 Kilometern – zum Glühbirnenwechsel

Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Ein Gesicht ohne Profil und Charakter? Solcher Kritik begegnet der cee'd mit absoluter Zuverlässigkeit.
Wenn es Ärger gab, dann meist mit den bestellten Extras: So schaltet sich das automatische Fahrlicht erst bei vollständiger Dunkelheit an. Die Klimaautomatik verlangte zu häufiges Nachregeln, und das Navigationssystem verwirrte mehr als nötig: das Display zu klein, die Infos zu groß – andersherum würde es besser funktionieren. Mit dem Charme des Unauffälligen schlich sich der Kia in die Herzen. Kollege Christian Steiger fehlten zwar "eigenständiger Charakter und Originalität", doch an den Qualitäten des cee’d hatte auch er nichts zu kritisieren. "Die haben einfach ein gutes Auto gebaut." Was die Mängelbilanz bestätigt, denn im Dauertest passierte beinahe nichts. Nach 77.391 Kilometern waren neue Wischer und eine Glühlampe fällig, bei der vierten Inspektion neue Bremsscheiben und -beläge vorn – das war es.

Nach 100.000 Kilometern: kleine Rostflecken auf der weißen Kia-Weste

Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Der cee'd ist solide – bis auf einige Kleinigkeiten. Dazu gehören: Rostansätze an Türfalzen und Fensterführungen.
Die einzige unangenehme Überraschung wartete nach Test-Abschluss. Als AUTO BILD den Kia wie jeden Kandidaten bis in die letzte Schraube zerlegte, entdecken wir kleine Rostpunkte an den Türfalzen und den Führungsschienen der hinteren Fenster. Die könnten nach sieben Jahren zum größeren Problem auswachsen – aber nur für die Garantie der Koreaner. Es bleibt der einzige Schmutzfleck auf der weißen Weste des Kia, der den Dauertest mit nur drei Strafpunkten abschließt. Ergebnis: Note 1 und Platz 5 in unserer ewigen Hitliste. Mit den sieben Jahren Garantie ist Kia offensichtlich auf der sicheren Seite.

Die Zerlegung nach Testende zeigt: Rost an Türfalzen und Fensterrahmen

Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Der Rostansatz an den hinteren beiden Türen ist produktionsbedingt und laut Kia mittlerweile behoben.
Mit der Note Eins liegt der cee'd auf einem Spitzenplatz in der Liste aller AUTO BILD-Dauerläufer. Zuverlässig ist er also, aber wie sieht es innen aus? Welche Spuren haben 100.000 Kilometer sanfter bis schärfster Gangart am vermeintlich billigen Koreaner hinterlassen? Antwort: Es sind einige. Schon bei der ersten Sichtprüfung bleibt der Blick des DEKRA-Sachverständigen an hässlichen braunen Flecken im Bereich der hinteren Türen hängen: Rost im Bereich der Türfalze sowie am Fensterrahmen der rechten hinteren Tür. Zwar sind es nur winzige Stellen, aber sie haben das Zeug, schnell größer zu werden. Auch bei der Hohlraumuntersuchung per Endoskop kommen Zweifel auf, ob die Schutzmaßnahmen langfristig reichen.

Ungleichmäßige Hohlraumkonservierung

Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Die Untersuchung mit Endoskop ergibt ungleichmäßig aufgetragenen Hohlraumschutz – laut Kia ein mittlerweile behobenes Problem.
Der Wachsauftrag wirkt wie planlos versprüht: mal dick, mal dünn, aber die wirklich kritischen Stellen hat er meistens verfehlt. Das sehen auch die Techniker von Kia so. Im slowakischen Werk Žilina, wo der cee'd seit 2006 gebaut wird, sei der Oberflächenschutz mittlerweile optimiert worden. Das beruhigt. Ebenso wie die weiteren Befunde von Abgasanlage, Getriebe und Motor. Der präsentiert sich in einem ordentlichen Zustand. Es sind lediglich leichte Schmutzriefen in den Zylinderlaufflächen erkennbar, ebenso – harmlose – Rußablagerungen an den Einlassventilen. Gangräder und Sychronkörper des Getriebes glänzen nach der Gehäuseöffnung unversehrt im Restöl. Am Abgaskrümmer kündet eine fast undichte Stelle von anstehender Reparatur. Garantiert.

Hersteller-Reaktionen: Das sagt Kia ...

Kia cee'd 1.6 CRDi EX
Gekleckert, nicht geklotzt: Der Schutzwachs landete oft neben den zu schützenden Stellen.
... zum unregelmäßigen Schutzwachseintrag in den Hohlräumen Der Fertigungsprozess des cee'd wurde besonders im Hinblick auf die Konservierung inzwischen deutlich optimiert. Die am Testfahrzeug festgestellten Auffälligkeiten sind inzwischen ausgeschlossen.
... zum Falzrost an den hinteren Türen Auch dieses Problem ist inzwischen produktionsseitig abgestellt worden. Betroffenen Kunden wird beim Fachhändler geholfen.

Das sagen die Leser

"Klappernde Armaturentafel, schlecht lackierte Motorhaube." Allgemein bin ich mit meinem Auto zufrieden. Es ist sparsam, schnell und mit Dunlop-Reifen sogar recht sportlich zu fahren. Allerdings hatte der Lack der Motorhaube bei Auslieferung zwei dunkle Flecken. Trotz dreimaliger Nachlackierung ist das Ergebnis immer noch nicht zufriedenstellend. Dieter Hänsel, 59558 Lippstadt, Kia cee'd SW 1.6 CRDi EX.
"Tipp für Lichtautomatik." Mit einem Locher ein fünf Millimeter großes Loch in schwarzes Isolierband stanzen und dieses Band dann mittig auf den rechten Sensor auf der Armaturentafel kleben. Der Sensor reagiert nun schneller. Christian Focken, 27726 Worpswede, cee'd SW 2.0 LPG.

Fazit

von

Joachim Staat
Kia macht keine leeren Versprechungen: sieben Jahre Garantie. Der Cee'd absolvierte die 100.000-Kilometer-Distanz höchst unauffällig. Und wird damit auffällig: Ab sofort gehört er zu den Besten der Hitliste aller AUTO BILD-Dauerläufer. Dieser Kia ist zuverlässig, läuft kultiviert und komfortabel. Nichts an ihm ist billig, nicht mal der Preis.