Gut möglich, dass die Chefs von BMW in jüngster Zeit nicht mehr ganz so ruhig geschlafen haben. Ist ja auch viel passiert, seit uns die Münchener vor drei Jahren den aktuellen 3er bescherten, die tragende Säule des Geschäfts um die Kunden in der Mittelklasse. Inzwischen mischt Mercedes dieses Segment mit der neuen C-Klasse kräftig auf, und Audi fährt BMW mit einem runderneuerten A4 in die Parade. Höchste Zeit also für ein 3er-Facelift, und zwar eines, das die Dinge grundlegend angeht. Erster Eindruck vom verjüngten 3er: Der Betrachter braucht keine Lupe, um den Fortschritt beim Feinschliff zu entdecken. Vornherum sieht das Auto mit seinen vergrößerten Lufteinlässen und den chrombetonten Rundscheinwerfern deutlich respektabler aus. Auch die beiden Rippen auf der Haube bringen Kontur – gut gemacht, diese Renovierung. Der Rest ist freilich wieder einmal ein Fall für Spezialisten: etwas breitere Spur, neue Rückspiegel und Seitenschweller, Rückleuchten in L-Form.

Auch neben dem erfolgsverwöhnten A4 wirkt der 3er frisch

Aber sei's drum: Optisch wirkt der 3er durchaus frisch, so viel steht fest. Der Eindruck trifft auch dann noch zu, wenn er neben dem erfolgsverwöhnten Audi parkt. Wir haben den bisherigen Seriensieger aller Vergleichstests in dieser Klasse deshalb zur ersten Ausfahrt mit dem BMW schon mal mitgebracht. Die zentrale Frage lautet: Glänzt der neue 3er auch im direkten Vergleich mit dem Strahlemann aus Ingolstadt? Die Antwort soll uns ein 330d geben, jene Modellvariante, die nicht nur am Körper, sondern auch am Herzen massiert wurde. Das Ergebnis ist ein Ableger des bekannten 335d-Motors, wie dieser ganz aus Aluminium, aber mit nur einem Turbolader. Dazu die neueste Common-Rail-Einspritzung mit Piezo-Düsen und erhöhtem Druck (1800 Bar). Am Ende steht ein Diesel, der die Konkurrenz vor Neid erblassen lässt. Die Latte liegt jetzt bei 245 PS (vormals 231 PS) und 520 Newtonmeter Drehmoment (vormals 500 Nm). Und das in Tateinheit mit einem Normverbrauch von lediglich 5,7 Litern auf 100 km, was einen CO2-Wert von nur 152 g/km bedeutet (vormals 6,5 und 174 g/km).

Die Modellpflege tut dem Interieur des 3ers spürbar gut

BMW 3er
Dieser Sechszylinder schafft sogar die EU-5-Abgasnorm. Wer 990 Euro für den NOX-Speicherkat drauflegt, genügt zudem der geplanten EU-6-Norm. Kann da Leistung noch Sünde sein? Tatsache ist, dass angesichts dieser Daten selbst der 3.0-TDI-Motor im A4 an Glanz verliert. 240 PS, 500 Nm, 6,6 l/100 km, 173 g/km und EU 5 lauten hier die Vergleichsdaten – immer noch erfreulich, aber nicht mehr überragend. Doch was sagt uns der Praxisvergleich? Beim Einsteigen in den gelifteten 3er lässt er uns erst einmal spüren, dass auch kleine Arbeiten am Detail Wirkung zeigen können. Jedenfalls sind die diversen Verschönerungsmaßnahmen (mehr Chrom, aufgehübschte Instrumente, andere Farben) in der Summe ein erkennbarer Fortschritt – das Ergebnis hält den Vergleich mit dem A4 locker aus. Beifall: Zum iDrive-Knopf kommen nun vier Direktwahltasten (CD, Radio, Telefon, Navi), der Bildschirm ist größer (8,8 Zoll), die Grafik besser, und erstmals kann bei stehendem Auto uneingeschränkt im Internet gesurft werden – alles gegen Aufpreis natürlich. Weniger schön: Sicherheits-Zubehör wie Spurhaltesystem, optische Überwachung des toten Winkels oder intelligente Scheinwerfer glänzt in der 3er-Preisliste durch Abwesenheit. Da bietet Audi nach wie vor mehr.
Jetzt anlassen – der BMW-Diesel schnurrt hörbar, aber wohlig – und abfahren. Die dieseltypische Anfahrschwäche ist kaum noch ein Thema, schon bei 1400 Umdrehungen holt der Sechszylinder kräftig Luft, was folgt, ist satter Kraftfluss bis weit über 4000/min. Tipp: Am besten gleich in den fünften oder sechsten Gang schalten und einfach nur ziehen lassen. Den Schalthebel kann man bei diesem Antrieb dann die meiste Zeit vergessen – Kraft, die verwöhnt, und das vor allem im unteren Bereich tatsächlich spürbar deutlicher als beim bisherigen 330d. Durchgeschaltet soll der Neue in 6,1 Sekunden Tempo 100 erreichen (bisher 6,7 Sekunden), entsprechend vehement legt er los. Ein 335d, obgleich 41 PS stärker, könnte ihm nur jenseits der 200 km/h davonfahren. Und der Audi? Ebenfalls nicht von schlechten Eltern, und weniger knurrig, auf jeden Fall leiser als der BMW.

Der Antritt des Audi ist im Vergleich deutlich verhaltener

Audi A4
Aber auch beim Muskelspiel wirkt er verhaltener, keine Frage. Beim Antreten lässt er sich mehr Zeit, seine Dynamik ist gedämpfter. Wo der BMW-Diesel mit Wucht loslegt, geht es das Audi-Pendant eher sachte an – kein Wunder, schließlich hat es auch ein paar Pfunde mehr zu schleppen: 45 Kilogramm laut Werksangabe. Zugegeben, das alles sind nur Nuancen, doch nach dem Umsteigen aus dem BMW fallen sie auf. Vorläufiger Verbrauchsvergleich per Bordcomputer: Der A4 3.0 TDI schluckt beim gemeinsamen Ausritt (vorwiegend im Galopp) 8,6 l/100 km, der 330d begnügt sich mit 7,8. Ansonsten bleiben die Stärken und Schwächen freilich so verteilt wie bisher. Der serienmäßige Allradantrieb beschert dem Audi Traktionsreserven, von denen der 3er-Fahrer nur träumen kann – es sei denn, er bestellt denn 330d mit xDrive, aber der verteuert das Vergnügen dann auch um 2600 Euro. So aber löst sich bei Nässe oder in engen Kurven viel vom schönen Dieseldrehmoment in Luft auf. Vorteile bietet der BMW dagegen beim Handling – der 3er gibt sich auf gewundenen Strecken noch fideler, er lenkt präziser, lässt sich dabei auch mit dem Gaspedal nachhelfen. Beim A4 entschädigt der angenehmere Gesamtkomfort für sein behäbigeres Naturell, zumal wenn er über die adaptiven Dämpfer verfügt.
Dennoch: Der Vorsprung ist geschrumpft. Gar so grob wie zu Anfang federt der 3er heute nicht mehr. Da wurde offenbar an der Abstimmung gefeilt. Feintuning aber auch am Preis: Mindestens 40 450 Euro kostet der neue 330d, 1200 Euro mehr als der alte, aber 650 Euro weniger als ein Audi A4 3.0 TDI quattro. Welchen also nehmen? Schwere Entscheidung. Doch nach diesem ersten gemeinsamen Ausflug zieht es uns in den BMW, der es wieder mal geschafft hat, die Freude am Fahren neu zu beleben.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Wolfgang König

Respekt vor diesem Audi. Als Allroundtalent hat er unbestreitbare Vorzüge. Beeindruckend – und so viel besser als ein frontgetriebener A4 ohne die Fahrwerkelektronik. Aber wen schiere Perfektion eher langweilt, der sollte sich den 330d gönnen, jetzt mehr denn je. Denn unter den Dieselofferten in diesem Segment ist er der Unterhaltungskünstler, noch dazu einer mit Öko-Meriten. Wieder mal ein echtes Motorenwerk, ein bayerisches.