Der S40 ist nicht wieder zu erkennen

Nur manchmal noch holt den neuen Volvo S40 seine Vergangenheit ein. Jene Zeit, als ein Volvo nur eine pflichtbewusste Familienkutsche war. Etwa zur Begrüßung. Kaum steckt der Zündschlüssel im Schloss, beginnt der S40 nervtötend zu bimmeln: Schnall dich jetzt gefälligst an! Kommt man dieser Aufforderung nicht sofort nach, rollt sogar los – etwa beim Rangieren auf dem Hof–, reagiert der aufmerksame Schwede mit einem quäkenden Ton in Sirenenlautstärke.

So etwas könnte mir, ganz ehrlich, den Spaß an einem Auto gründlich vermiesen. Aber Entwarnung: Es ist buchstäblich auch die einzige Erinnerung an alte Volvo-Zeiten, als es außer der Sicherheit nicht viel Positives gab. Neuerdings haben sich die Schweden Design auf die Fahnen geschrieben, dazu Fahrspaß und sogar Sport. Der S40 ist denn auch nicht wieder zu erkennen. Kein Vergleich mehr zum seit 1995 – gemeinsam mit dem Mitsubishi Carisma – gebauten Vorgänger.

Der Neue ist eine selbstbewusst geschnittene Limousine mit eindrucksvoll kantigem Heck. Genau dieses Design verbindet den S40 allerdings überdeutlich mit seinem nur zehn Zentimeter längeren Bruder S60. Wer von den Zwillingen die klügere Wahl ist, werden spätere Vergleiche klären. Größenmäßig ordnet sich der S40 jedenfalls etwa auf der Höhe seiner auserwählten Zielgruppe ein: Audi A4, 3er-BMW, Mercedes-Benz C-Klasse. Innen ist er dann doch, das zeigt ein Vergleich der Messwerte, enger geschnitten. Knapper selbst als der A4, der Kleinste der drei Deutschen.

Avantgardistisches à la Bang & Olufsen

Vorn hat das nicht viel zu bedeuten. Hier ist auch der S40 ausreichend geräumig. Hinten jedoch sitzen nur Leute bis maximal 1,80 Meter bequem, für Größere wird es an Knien und Scheitel knapp. Schön aber, dass sich die Volvo-Architekten dem Innenraum mit ähnlicher Sorgfalt gewidmet haben wie dem Äußeren.

Das Cockpit ist mit seiner schnörkellosen Klarheit dabei bestimmt nicht jedermanns Sache. Ich finde es allerdings lobenswert: Volvo setzt hier bewusst einen Kontrapunkt zur überbordenden Informationsflut in manch anderen Autos. Und Späße über Ikea-Design verbieten sich mittlerweile, hier standen eher die Avantgardisten von Bang & Olufsen Pate. Die frei schwebende, nur fingerdünne Mittelkonsole etwa erinnert nicht zufällig an eine Fernbedienung der dänischen Hi-Fi-Schmiede.

Mag Volvo beim Design inzwischen auch neue Wege gehen, bei den Motoren setzen die Schweden auf bewährte Technik. Für den S40 gibt es die bekannten, aber überarbeiteten Fünfzylinder-Benziner, der hier getestete 2,4-Liter mit 170 PS ist die mittlere Variante. Der aus Aluminium gefertigte Motor klingt kernig, etwas rau und wunderbar heiser. Er reagiert putzmunter aufs Gas, hat Kraft bei niedrigen und mittleren Touren, nur ganz hohe mag er nicht so besonders.

Fahrleistungen und Technische Daten

Die Fünfgangschaltung lässt sich leicht, präzise und auf kurzen Wegen schalten, ist allerdings lang übersetzt. Beim zügigen Überholen auf der Autobahn musst du deshalb schon mal zurück in den vierten Gang. Kein Ärgernis, eher ein Vernügen. Mit seinem Temperament und seinem sportlichen Sound weckt der Motor insgesamt Erwartungen, die das Fahrwerk nicht ganz erfüllen kann. Die Technik kommt ja vom Ford Focus II, der im Herbst starten wird. Die Volvo-Techniker gingen jedoch eigene Wege und schielten wohl ein bisschen nach Amerika, ihrem größten Absatzmarkt. Dort bevorzugt man ja immer noch eine komfortable, wohlig-weiche Abstimmung.

Davon kann beim Volvo natürlich keine Rede sein, der ist durchaus straff gefedert, Querfugen etwa nimmt er ziemlich mürrisch. Gleichzeitig ist er aber eher weich gedämpft, neigt deshalb bei aufeinander folgenden Bodenwellen zum Aufschaukeln. Das ist nicht weiter tragisch, doch unsere Erwartungen an Premium-Produkte sind mittlerweile halt hoch. Grundsätzlich fährt sich der leichtfüßige S40 richtig handlich, aber nicht so knackig wie seine deutschen Konkurrenten.

Betriebskosten und Preise

Schuld daran trägt auch die elektrohydraulische Lenkung. Die spricht zwar direkt an, arbeitet aber um die Mittellage zu gefühllos. Die Rückmeldung von der Straße könnte besser sein. Deshalb lenkt man bei schnellen Ausweichmanövern oft zu heftig ein und muss dann korrigieren. Das serienmäßige ESP lässt sich mit seiner Reaktion gern etwas Zeit – um dann umso heftiger einzugreifen. So empfiehlt sich der S40 als Auto vor allem für die Langstrecke. Der Fünfzylinder grummelt bis zum hohen Tempo angenehm leise, Abroll- und Windgeräusche werden nie lästig, und in den großen, passend geschnittenen Sitzen fühlt man sich auch nach Stunden noch wohl.

Wie immer bei Volvo ist die Sicherheitsausstattung außergewöhnlich komplett: Sechs Airbags sind an Bord, neben dem schon erwähnten ESP aber auch Spezialitäten wie das Schleudertrauma-Schutzsystem WHIPS. Neu und eine typische Volvo-Erfindung ist IDIS, ein intelligentes Fahrer-Informationssystem. Es stammt aus der Luftfahrt und soll den Fahrer vor Überlastung schützen. Kommt zum Beispiel während einer Vollbremsung oder eines Überholvorgangs ein Anruf oder eine Verkehrsinformation an, wird dieses Signal unterdrückt und erst freigegeben, wenn sich die Situation normalisiert hat.

Fazit und Bewertung

Eine ziemlich gute Idee ist auch die Preisgestaltung der Schweden. Den hier getesteten 2.4i Kinetic mit Klimaautomatik, CD-Radio und vielem mehr gibt es für 25.430 Euro. Zum Vergleich: Ein Audi A4 2.4 kostet ab 29.200 Euro, einen BMW 320i gibt es erst ab 29.800 Euro. Manchmal ist es eben auch gut, wenn wenigstens etwas beim Alten bleibt.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Dirk Branke Klein ist ja schon mal relativ, der S40 streckt sich immerhin auf 4,47 Meter. Das ist, ob Volvo das will oder nicht, das Revier von A4, Dreier und C-Klasse. Und deshalb wird es der S40 nicht ganz so leicht haben bei uns. Eine Außenseiter-Chance aber verdient er sich: wegen seines klaren Designs, der tollen Inneneinrichtung, des heiseren Fünfzylinders und des umfangreichen Sicherheitspakets. Auch der günstige Preis spricht für sich. Bei Fahrdynamik und Komfort setzen weiter Deutsche Maßstäbe.

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